Johann Nestroy
Name | Johann Nepomuk Eduard Ambrosius NESTROY |
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Geburtsdatum, -ort | 01. Dezember 1801, Wien |
Sterbedatum, -ort | 25. Mai 1862, Graz |
Fotos
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Andreas Geiger (Kupferstecher), Johann Christian Schoeller (Künstler), "Der Talisman". Posse von Nestroy; Carl Carl als Spund, Johann Nestroy als Titus Feuerfuchs u. a. (Costümbild Nr. 85 zur Theaterzeitung), 1841, Wien Museum Inv.-Nr. 98808/22, CC0 (https://sammlung.wienmuseum.at/objekt/811056/)
Biografie
Johann Nepomuk Nestroy zählt bis heute zu den bedeutendsten Dramatikern Österreichs. Er wird am 7. Dezember 1801 in Wien geboren und besucht das Akademische Gymnasium und das Schottengymnasium. Sein Vater wünscht, dass er Jurist wird. Doch schon vor Beginn des Studiums entdeckt Nestroy seine Leidenschaft für das Sing- und Sprechtheater und widersetzt sich dem elterlichen Willen. Nachdem er zunächst als Sänger arbeitet (zuerst in Wien, dann in Amsterdam), beginnt Nestroy als Schauspieler zu arbeiten (Brünn und Lemberg) und ab 1827 selbst Stücke zu schreiben. Er wird vom Theater an der Wien und am Theater in der Leopoldstadt engagiert. 1833 schließlich erscheint eines seiner bekanntesten Stücke: „Lumpazivagabundus“, gleichzeitig sein erster großer Erfolg. Von da an schreibt er an die drei Stücke pro Jahr, „Der Talisman“ entsteht 1840. Ab 1854 ist Nestroy Direktor des Carl Theaters (ehemaliges Leopoldstädter Theater), er bleibt das bis 1860. Schließlich zieht er sich nach Graz zurück, wo er seinen Lebensabend verbringt. Nestroy stirbt am 25. Mai 1862 an den Folgen eines Schlaganfalls. Er ist seit 1881 in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt.
Johann Nestroy gilt auch als der “wienerische Aristophanes” und war sowohl als Theaterautor, Schauspieler als auch als Manager erfolgreich. Nestroys Werk ist voll von Ironie und einer tiefen Skepsis . Er hält den menschlichen Schwächen einen Spiegel vor und glaubt kaum, dass der Mensch sich bessern kann. Nestroy schafft selber immer wieder neue Wortkombinationen und spielt mit seinem ungeheuren Wortwitz. Er liebte Aphorismen und Wortspiele. Schon allein die Namen seiner Charaktere offenbaren meist den wichtigsten Wesenszug desselben. Vieles ist für uns heute schon schwer verständlich. Als Vorlage für Nestroys Stücke dienten oft französische Komödien, die er an die Wiener Verhältnisse anpasste.
Innerhalb seiner 40 Jahre auf der Bühne spielte Nestroy ca. 880 Rollen.
Werke
Berühmte Stücke von Johann Nestroy
Lumpazivagabundus (1833)
Zu ebener Erde und erster Stock (1835)
Der Talisman (1840)
Das Mädl aus der Vorstadt oder Ehrlich währt am längsten (1841)
Einen Jux will er sich machen (1842)
Liebesgeschichten und Heurathssachen (1843)
Der Zerrissene (1844)
Zitate
“Glück und Verstand gehen selten Hand in Hand.” - Der Talisman
"Ein Mädchen sitzenlassen ist auf alle Fälle billiger als Heiraten.”
Interview / Steckbrief
Geburtstag: 7. Dezember 1801
Geburtsort: Wien
Sternzeichen: Schütze
Augenfarbe: braun
Familie: Geschieden, "wilde Ehe" mit Marie Weiler
Auto?
Allein für die Geisteskraft klingt das fatal, dass man Pferdekraft wählt zum Symbol, zum Ideal. (Der Schützling, IV, 10)
Was ist für Sie das größte Unglück?
Wenn man oft hungrig is, dass man vor Durst nicht weiß, wo man in der Nacht schlafen soll! (Frühere Verhältnisse, 5)
Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einem Mann am meisten?
Bei Männer gibt's keine Menschenkenntnis; denn wenn man s'kennt, so lernt man s'als Unmenschen kennen. (Der Färber und sein Zwillingsbruder, I, 13)
Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einer Frau am meisten?
Kurios, die ich zuletzt seh, die g'fallt mir immer am besten. (Der Affe und der Bräutigam, I, 16)
Ihr Hauptcharakterzug?
Ich glaube von jedem Menschen das Schlechteste, selbst von mir, und ich hab mich noch selten getäuscht. (Die beiden Nachtwandler, I, 16)
Ihre Lieblingsbeschäftigung?
Die Bratwurst des Genusses auf saure Kraut des Lebens legen. (Die beiden herren Söhne, I, 11)
Ihre Lieblingsblume? Ihr Lieblingstier?
S'Pflanzenreich vegetiert nur, d'Viecher sind dumm. (Höllenangst, I, 6)
Historischer Kontext
Kurze Geschichte Österreichs zu Nestroys Lebzeiten
Nestroy wird in den Zeiten ständiger Kriege zwischen Österreich und dem revolutionären Frankreich geboren (1792-1815). Es sind bedeutende Jahre: In Wien wird am Wiener Kongress 1814/15 die Neuordnung Europas festgelegt. Das Kaisertum Österreich erhält die verlorenen Länder zurück und noch einiges dazu. Österreich führt auch den Vorsitz im neu geschaffenen Deutschen Bund.
Kaiser Franz I. (1792-1835) ist am technischen Fortschritt sehr interessiert. Er gründet das Polytechnikum, (heutige Technische Universität) und begünstigt damit auch das industrielle Unternehmertum. Aber er ist überaus misstrauisch gegenüber Gelehrten, Schriftstellern, Philosophen - also gegenüber allen Intellektuellen. Deshalb führt er eine sehr penible Zensur ein: Jedes Buch, jedes Theaterstück muss vor dem Erscheinen bzw. vor der (Ur-)Aufführung einem Zensor vorgelegt werden. Die Geheimpolizei überwacht alle prominenten Persönlichkeiten und deren Privatleben. Ab etwa 1812 entstehen die ersten großen Vereine - vor allem die Gesellschaft der Musikfreude.
Damals ist die Kartoffel das wichtigste Nahrungsmittel der Armen. Ab etwa 1845 kommt es aufgrund von Kartoffelfäule, einer Pflanzenkrankheit zu Ernteausfällen und Brot wird immens teuer, Demonstrationen sind die Folge. Im Februar 1848 bricht in Paris die Revolution aus, Wien wird vom revolutionären Fieber angesteckt. Im Oktober 1848 kommt es zum Kampf um Wien, kaiserliche Truppen erobern die Stadt. An die Stelle des „gütigen“ Kaiser Ferdinand I., dem Sohn Kaiser Franz I., tritt der junge Franz Joseph.
Was von 1848 bleibt, war unter anderem die Schul- und Universitätsreform des Unterrichtsministers. Graf Leo Thun-Hohenstein schafft ein neues Gymnasial- und Hochschulsystem; damit legt er auch den Grundstein für unser heutiges Bildungssystem. Und 1850 gemeindet man die Wiener Vorstädte in die „Stadt“ ein - jetzt reicht Wien bis zum Gürtel.
Nestroys Wien. Eine Stadt der Gegensätze
Wien ist bis 1870 die größte Stadt des deutschen Sprachraumes, mit einem enormen Wachstum und vielen tüchtigen Unternehmern - die berühmte Kultur des Biedermeier ist die erste industrielle Kultur Europas! Bei der großen Tischlerei Josef Danhauser kann man Stühle, Tische, Fauteuils, Kanapees oder Vitrinen bereits nach einem Katalog bestellen. Gleichzeitig wird Wien erstmals ein Zentrum der Malerei, die Musik spielt ja schon immer eine große Rolle. Modetanz ist in dieser Zeit der Walzer. Wien ist aber auch die wichtigste Theaterstadt des deutschen Sprachraumes. Hier wird Franz Grillparzer schon mit 27 Jahren, zum Burgtheaterdichter ernannt. Neben Grillparzer wirken unter anderen auch Ferdinand Raimund und Adalbert Stifter.
Wien ist eine Stadt der Gegensätze: Holzhacker und Zimmerleute, Putzmacherinnen und Weißnäherinnen, „Partikuliers“ (Leute mit Geld) und Spekulanten, Tagelöhner und Straßenverkäufer, wandernde Gesellen, Fabrikarbeiter, herrschaftliche Lakaien und sogenannte „Wäschermädel“ beleben die Stadt. Wien ist aber auch die Stadt des Hofes, der Regierung, der wichtigsten Schulen. Und während die Bewohner der „Stadt“ (heutiger 1. Bezirk) in die Theater eilen, arbeiteten in den Vorstädten tausende Gesellen und kleine Meister oft Tag und Nacht in winzigen Werkstätten oder elenden Wohnungen, um rechtzeitig ihre Waren abliefern zu können.
In Nestroys Stücken kommen sie alle vor - die blasierten Reichen und die armen Hungerleider, verliebte junge Leute und grantige Alte, Lustige und Traurige, alte Schulmeister, Krämer und Tandler mit ihren Gehilfen, die sich ab und an auch einen Jux erlauben...