Entwicklung und Vernetzung des Gehirns
Das Gehirn eines Neugeborenen verfügt bereits über Milliarden von Nervenzellen, ist es aber noch nicht zu komplexen Leistungen fähig. Dazu bedarf es erst der weiteren funktionalen Vernetzung. Ab der frühkindlichen Phase vervielfacht sich durch Lernen die Anzahl der Verbindungen zwischen den Nervenzellen untereinander. Das synaptische Lernen des Gehirns unterliegt dabei spezifischen funktionalen Bedingungen.
Inhalt
Zu einem sehr frühen Zeitpunkt der embryonalen Entwicklung beginnt die Bildung des Nervensystems. Das Gehirn wird aus neu produzierten Nervenzellen schichtweise aufgebaut, bis zur achten Schwangerschaftswoche sind die Grundstrukturen des Gehirns und des Rückenmarks bereits angelegt. Nach und nach bilden sich in diesen Strukturen dann immer mehr Nervenzellen. Obwohl das Gehirn eines Neugeborenen bereits über Milliarden von Nervenzellen verfügt, ist es aber noch nicht zu komplexen Leistungen fähig. Dazu bedarf es erst der weiteren funktionalen Vernetzung. In der frühkindlichen Phase vervielfacht sich die Anzahl der Verbindungen zwischen den Nervenzellen untereinander. Diese frühe Phase der Entwicklung ist auch entscheidend für die Entwicklung von übergeordneten kognitiven Fähigkeiten zu einem späteren Zeitpunkt. Während dieser Entwicklung verdreifacht sich das Gewicht des Gehirns bis zum Erwachsenenalter. Bei einem Erwachsenen ist jede Nervenzelle mit 1000 anderen Nervenzellen verbunden und jedes Neuron ist dann über nur sechs Umschaltstellen mit jedem anderen Neuron im Gehirn verknüpft. In dieser unglaublich großen, neuronalen Struktur mit mehr als 100 Billionen synaptischen Verbindungen sind alle Informationen wie Motorik, Sprache, Verhalten usw. eingespeichert. Diese extreme Vernetzung der Neuronen hat einen weiteren Vorteil: jedes Neuron kann in dem Netzwerk an verschiedensten Aufgaben beteiligt sein. Weiterhin kann ein solches Netzwerk mehrere Aufgaben gleichzeitig übernehmen, weil diese Strukturen parallel und nicht seriell aufeinander folgend, miteinander verschaltet sind.
Synaptisches Lernen
Die zunehmende Entwicklung des Gehirns durch Vernetzung basiert fundamental auf dem Prozess des synaptischen Lernens. Werden miteinander verbundenen Zellen gemeinsam aktiviert, werden die Verbindungen zwischen ihnen nach und nach immer weiter verstärkt und gefestigt. Wird dieser synaptische Lernprozess häufig wiederholt, bildet sich auf diese Weise ein zunehmend strukturiertes neuronales Netzwerk heraus. Das synaptische Lernen in der Großhirnrinde lebt also von der Wiederholung. Dabei kommt es aber nicht unbedingt auf Zeitdauer, sondern eher auf die Häufigkeit an. Um das Netzwerk in seiner Komplexität zu trainieren, ist es auch nicht sinnvoll immer wieder die gleichen Inhalte zu wiederholen. Durch die Variation der Aufgaben in einer reichhaltigen Lernumgebung werden immer wieder modifizierte Muster ausgeprägt. Dieser dadurch entstehende Lösungsraum ermöglicht uns dann die so notwendige hohe Anpassungsfähigkeit an die komplexen Aufgabenstellungen des Alltags.
Blick ins Gehirn
Mit neueren Methoden der Neurowissenschaften können die Fähigkeiten unseres Gehirns immer genauer untersucht werden. Ein Blick ins Gehirn ist mit bildgebenden Verfahren wie der Computertomographie (CT) oder der Magnetresonanztomographie (MRT) möglich. Die funktionale Magnetresonanztomographie (fMRT) kann Änderungen in der Durchblutung von Hirnarealen und damit nicht nur die Struktur, sondern auch die Aktivierung sichtbar machen. So wird das neuronale Netz im Gehirn in seiner Funktion indirekt erfassen. Auf diese Weise hofft man besser zu verstehen, wie unser Gehirn funktioniert und lernt. Allerdings sind die bisherigen Erkenntnisse über die Funktionsweise des Gehirns beim Lernen aus verschiedenen methodischen Limitierungen sehr begrenzt und so bleibt dieses Thema eine große Herausforderung für die Hirnforschung.
Was bedeutet dies für meine Unterrichtspraxis?
Das synaptische Lernen unterliegt spezifischen Lernbedingungen. Wiederholung ist wichtig, aber nicht unbedingt die Zeitdauer, sondern eher auf die Häufigkeit. Es ist auch nicht sinnvoll immer wieder die gleichen Inhalte zu wiederholen. Um komplexere Fähigkeiten zu trainieren ist es günstig die Aufgaben zu variieren und eine reichhaltige Lernumgebung bereitzustellen.
Reflexionsfrage
Wie kann für eine schulische Lernaufgabe eine reichgaltige Lernumgebung aussehen, die das Lernen “mit allen Sinnen” unterstützt?
Quiz
1) Das Gehirn eines Neugeborenen verfügt über
A) wenige Nervenzellen
B) wenige Nervenverbindungen
2) Das synaptische Lernen lebt von
A) der Zeitdauer der Wiederholungen
B) der Anzahl der Wiederholungen