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Frühes motorisches Lernen

Das Gehirn hat von Beginn an einen intrinsischen Antrieb zu lernen und zur Selbstorganisation. Dazu werden Sinneseindrücke oder Erlebnisse verarbeitet, nach bestimmten Mustern bewertet und gespeichert. Bei diesem frühkindlichen Lernen vervielfachen sich die Verbindungen im Gehirn explosionsartig, bis nach und nach ein komplexes neuronales Netzwerk entsteht.

Glossar

Neuronales Netzwerk → Die Gesamtheit der neuronalen Verbindungen im Gehirn, und die Grundlage von Lernen und Speichern von Information.

Cephalo-caudal → Die Entwicklung von Kopf bis Fuß. Der Kopf entwickelt sich früher als die Hand, und die Hand entwickelt sich früher als die Beine und Füße.

Proximo-distal → Die Entwicklung von den großen Giedmaßen hin zu den weiter entfernten Gliedmaßen, also von Rumpf, Schultern, Armen hin zu Händen und den Fingern.

basale Bewegungsmuster → Kinder lernen zunähst basale Fertigkeiten wie das Gehen oder das Greifen.

Das Leben beginnt mit Lernen, auch bereits vor der Geburt. Die genauen Hintergründe dieses frühen Lernens sind noch weitgehend unbekannt. Im Gehirn sind zu diesem Zeitpunkt bereits die Mehrheit der Nervenzellen angelegt, nicht aber die notwendigen vielfachen funktionalen Verbindungen zwischen den Neuronen, das Gehirn ist also noch nicht trainiert. Trotzdem muss auch zu einem solch frühen Zeitpunkt bereits ein systemisches Lernprogramm existieren, das im Gehirn selbst verankert ist: Das Gehirn hat nämlich von Beginn an einen intrinsischen Antrieb zu lernen und zur Selbstorganisation. Dazu werden Sinneseindrücke oder Erlebnisse verarbeitet, nach bestimmten Mustern bewertet und gespeichert. Bei diesem frühkindlichen Lernen vervielfachen sich die Verbindungen im Gehirn explosionsartig, bis nach und nach ein komplexes neuronales Netzwerk entsteht.

Inhalt

Grundprinzipien der motorischen Entwicklung

Bei der Entwicklung von motorische Fähigkeiten finden sich bestimmte Grundprinzipien:

Cephalo-caudal

Entwicklung von Kopf bis Fuß. Der Kopf entwickelt sich früher als die motorischen Fähigkeiten der Hand, und die Hand entwickelt sich früher als die Beine und Füße.

Proximo-distal

Die Bewegung von Gliedmaßen, die näher am Körper liegen, entwickelt sich vor den weiter entfernten Gliedmaßen, also von Rumpf, Schultern, Armen hin zu Händen und den Fingern.

Grob-fein

Von großen ungenauen Bewegungen hin zu kleinen genaueren Bewegungen. Diese Entwicklung läuft parallel zur proximo-distalen Entwicklung, beispielsweise beim Greifen von Objekten.

Sequenziell

Viele dieser motorischen Lernprozesse laufen in einer funktionalen Reihenfolge ab, auch wenn es individuelle Unterschiede in der Ausprägung der verschiedenen Phasen gibt. Bestimmte Bewegungsmuster gehen anderen Bewegungen voraus: Beim Gehen lernen durchlaufen die Kinder nach und nach die verschiedenen Phasen von auf den Bauch drehen, Kopf aufrichten, krabbeln, aufstehen, den ersten Schritten bis dann das Gehen erfolgt.

Basale Bewegungsmuster - Adobe Stock

In der frühen Kindheit werden aber auch bereits basale “Fertigkeiten” wie das Greifen gelernt, die aber über die reine Ausführung der Bewegungen hinausgehen und wichtige Handlungsaspekte wie das Erfassen von Objekteigenschaften und Objektgebrauch beinhalten.

Greifen und Objektgebrauch - Adobe Stock

Intrinsischer Antrieb

Diese frühen intrinsisch gesteuerten Lernprozesse sind im Normalfall sehr erfolgreich, auch wenn es Unterschiede in Entwicklungsgeschwindigkeit und in der Fertigkeit geben mag. Der intrinsische Antrieb reicht bei Kindern scheinbar aus, um diese notwendigen Fertigkeiten wie Gehen, Greifen, Sprechen, zur Bewältigung des späteren Alltags zu erwerben. Ohne körperliche Beeinträchtigung werden alle Kinder diese motorischen Grundfertigkeiten lernen. Die Anwesenheit eines Lehrers ist also nicht per se dafür verantwortlich, ob ein Lernprozess erfolgreich ist oder nicht. Viele Kinder lernen auch von anderen Kindern, die in der Entwicklung schon einen Schritt weiter sind. Beim frühen motorischen Lernen helfen zunächst auch die so genannten Spiegelneuronen, die beobachtete Bewegungen in gespiegelte interne motorische Handlungen zu übersetzen. Durch Imitation von beobachteten Bewegungen wird so das Lernen von vielen Bewegungen initiiert. Was man aber aus Forschungsergebnissen weiß, ist, dass diese Lernprozesse bei einer mangelhaften reduzierten Lernumgebung stark beeinträchtigt werden können. Zumindest zu diesem frühen Zeitpunkt scheint für das Lernsystem das Vorhandensein einer adäquaten Lernumgebung wichtiger zu sein als das Vorhandensein eines Lehrers.

Was bedeutet dies für meine Unterrichtspraxis?

Das frühe motorische Lernen entwickelt sich immer von den großen zu den kleinen Gelenken, und von grob zu fein. Das kann man beispielsweise auch beim Handschrifterwerb beobachten. Zunächst werden große Bewegungen aus den größeren Gelenken verwendet, und dabei ist auch ein gröberer Stift hilfreich. Mit steigender Bewegungskompetenz werden die Bewegungen dann immer kleinräumiger und koordinierter, und der Stift sollte auch immer feiner werden.

Reflexionsfrage

Wie kann ein Kleinkind schon zu Beginn selbstorganisiert Lernen und sich damit quasi selber programmieren, obwohl das Gehirn zu diesem Zeitpunkt noch kaum vernetzt ist?

Quiz

1) Frühkindliches Lernen

A) benötigt einen Lehrer
B) ist selbst organisierend

2) Motorisches Lernen bei Kindern

A) folgt einer bestimmten funktionalen Reihenfolge
B) ist bei jedem Kind unterschiedlich organisiert

Lösungen

1️⃣ → B) ist selbst organisierend
2️⃣ → A) folgt einer bestimmten funktionalen Reihenfolge

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