Sprachliche Funktionen
In der Geschichte des Menschen steht seine Fähigkeit, zu sprechen, auf einer der höchsten Evolutionsstufen. Alle Organe, die die Aufnahme und die Produktion von Sprache erlauben, haben eigentlich andere Aufgaben. Sie zu einem Mittel der Kommunikation zu machen, verlangte höchst komplexe Anpassungen und die Evolution der Kognition.
Inhalt
Sprache
Sprache ist hierarchisch geordnet: kleinere Einheiten können in unterschiedlichen Kombinationen zu einer schier unbegrenzten Menge größerer Einheiten geordnet werden. Dies betrifft einerseits Laute, die zu Silben und ganzen phonologischen Phrasen gruppiert werden. Andererseits Wörter, die durch grammatische Markierungen zu syntaktischen Einheiten und schließlich zu Sätzen verbunden werden.
Die sprachliche Handlungsfähigkeit bezeichnet man als Pragmatik. Sie ist Ergebnis von Sozialisationsprozessen, wobei der erste bis zum Schulalter im Elternhaus vollzogen wird. An ihn schließt der schulisch mitbestimmte Sozialisationsprozess an. Sprachliche Handlungsfähigkeit bedeutet nicht nur kommunikative Kompetenz. Sie ist auch Voraussetzung für Imitation, Improvisation, die Profilierung der Person in freier Rede, im Rollenspiel und vieles mehr.
Atmen
Zur Bildung von Sprachlauten benötigt man einen Luftstrom. Für die meisten Sprachen, so wie für alle europäischen Sprachenhandelt, es sich um die, aus der Lunge kommende Ausatemluft.
Die Lunge hat eine Oberfläche von ungefähr fünfzig Quadratmetern. Diese Oberfläche ist von Millionen von winzigen Lungenbläschen besetzt. In die Lunge eines erwachsenen Menschen passen viereinhalb bis 6 Liter Luft, die in ungefähr zwanzigtausend Atemvorgängen getauscht wird. Das sind geschätzte zehntausend Liter Luft, die täglich durch die Lunge bewegt wird. Beim Schlafen atmen wir etwa fünf Liter Luft pro Minute ein und aus, beim Spazierengehen 14 Liter und beim Laufen 170 Liter. Beim Husten erreicht der Luftstrom eine Geschwindigkeit von dreihundert Stundenkilometern und mehr. Beim Niesen sind es “lediglich” 170 km/h.
Um den Brustkorb und die Lunge, die durch den Lungenfell-Brustfell-Zwerchfell Mantel in einem Vakuum liegt, so weit zu dehnen, dass Luft hineinströmen kann, braucht es ein komplexes Zusammenspiel zwischen der Muskulatur im Bauch, der Zwischenrippenmuskulatur und - zur Atemstütze - auch der Muskulatur im Schultergürtel. Der Atemvorgang ist besonders bei Bauchatmung gut beobachtbar. Um die Muskelarbeit noch besser zu spüren, kann man die Hand auf den Bauch unter dem Rippenbogen legen.
In der Ruheatmung sind die Ein- und Ausatemphasen ungefähr gleich lang. Bei der Sprechatmung dauert der Ausatemvorgang jedoch vier Mal so lang wie das Einatmen.
Initiationsphase
Der beim Ausatmen entstehende Luftstrom passiert die Stimmlippen im Kehlkopf und wird durch unterschiedliche Öffnungs- und Schließfrequenzen in kleine „Scheiben“ zerteilt.. Die durch die Stimmritze (Glottis) hindurchströmende Luft versetzt die Stimmlippen in Bewegung, sodass Schallwellen entstehen, die als Laute auditiv wahrnehmbar sind.
Das Volumen und die Dosierung des Luftstroms sind letztlich auch verantwortlich dafür, beim Sprechen die richtige Betonung setzen zu können. Der Sprecher gewichtet die Betonung seiner Informationen so, dass er sicher geht, dass seine Intentionen verstanden werden. Dies betrifft den Akzent, den Melodiebogen (Kontur) und auch willkürliche Hervorhebungen. Der Atemstrom reguliert somit die Lautstärke, die Tonhöhe und auch die Geschwindigkeit der Rede damit die Intentionen des Sprechers.
Die individuellen Klänge menschlicher Stimmen, die tiefen Bässe der Männer, die Frauen- oder Kinderstimmen, hängen von der Länge und Beschaffenheit der Stimmbänder ab. So liegt bei Männern die Grundfrequenz bei ungefähr 100 Hz (Herz). Frauenstimmen haben eine Grundfrequenz von zirka 200Hz und weil die Stimmbänder bei Kindern noch so kurz sind, sprechen sie mit einer Grundfrequenz von 300 Hz und mehr. Der Druck der Luft beim Ausatmen ist dabei höher als bei Erwachsenen.
Wenn bei Buben in der Pubertät die Stimmbänder länger werden und das Gehirn die Druckeinstellung noch nicht neu geregelt hat, kann sich die Stimme immer wieder „überschlagen“. Der Stimmbruch ist also nichts Gefährliches, es ist nur die Zeit, in der das Zusammenspiel zwischen längeren Stimmbändern und Ausatmung neu justiert werden muss.
Phonation und Artikulation
In der nächsten Phase der Lautproduktion, geht es um den Öffnungsgrad der Stimmlippen und Stimmbänder und die Konsequenzen davon. Beim Ausatmen sind die Stimmlippen weit geöffnet. In dieser Stellung kann die Luft mit viel Druck in den vorderen Teil des Mundraumes gelangen. Barrieren, die im Mundraum durch feste Verschlüsse der Lippen, der Zunge am Zahndamm, des Zungenrückens am Gaumen gebildet werden, werden durch den Luftstrom richtiggehend aufgesprengt. Es entstehen die Laute T, P, K, die in der Fachsprache auch Plosive genannte werden. Wird der Luftstrom bereits beim Eintritt in den Rachenraum abgebremst, versetzt er die Stimmlippen in Vibration. Bei gleichen Verschlüssen im Mundraum entstehen die stimmhaften Laute B, D oder G.
Auch die Laut m, n und ng entstehen durch dieselben Barrieren wie die Plosive. Allerdings wird der Luftstrom durch die Nase umgeleitet und es entstehen Nasale.
Kleine Öffnungen in den Barrieren, durch die der Luftstrom streichen kann, bilden die Reibelaute wie F, S, SCH, CH, H.
r und l sind so genannte Laterale. Sie können an mehreren Stellen im Mund gebildet werden.
Bei der Bildung der Vokale gibt es keine Barrieren. Der Luftstrom ungehemmt fließen. Die Lage der Zunge, die Öffnung des Mundes und die Muskelspannung und der genaue Artikulationsort im Mundraum sind ausschlaggebend für die Bildung der einzelnen Vokale.
Hören
In der Linguistik beschäftigt sich die Phonetik mit der Erforschung des Sprechens und der Verarbeitung des sprachlichen Signals, denn Sprechen ohne Hören funktioniert nicht.
Sprachsignale treffen als Schallwellen, Sinusschwingungen, auf unser Ohr und versetzen das Trommelfell in Bewegung. Diese Schwingungen werden zuerst auf die Gehörknöchelchen geleitet und dann in die Schnecke. Die Schnecke kann man sich wie einen Trichter vorstellen, der eingerollt wurde. Die Innenseite der Schnecke ist mit feinsten Härchen, auf welchen Sensoren sitzen, ausgestattet, die durch die Wellen des Schalls bewegt werden. Bei großem Lärm kann es passieren, dass die empfindlichen Härchen so stark gebogen werden, dass sie sich nicht mehr aufrichten. Man spricht dann von einem Gehörsturz.
Die tiefen Töne werden im breiteren Eingangsbereich der Schnecke erfasst, die hohen im engsten, inneren Teil. Dabei werden die mechanischen Impulse in elektronische übertragen und über die Nervenbahnen ins Gehirn geleitet. In neuronalen Prozessen werden die Wahrnehmungen verarbeitet. Das Gehirn dekodiert nicht nur die Sprachsignale, sondern filtert Wichtigeres von Hintergrundinformationen. So ist ein Mensch beispielsweise in der Lage sich auf einen Gesprächspartner zu fokussieren und einer bestimmten Kommunikation zu folgen – auch wenn gleichzeitig mehrere Gespräche in nächster Nähe geführt werden.
Was bedeutet dies für meine Unterrichtspraxis?
Da die Kontrolle der Atmung und die Dosierung des Luftstroms nicht nur für die Lautproduktion, sondern für die Funktionalität der Rede verantwortlich ist, muss sie besonders für Vortrags-, Imitations- und Interpretationssituationen geübt werden. Auch schüchternen Kindern, die sehr leise sprechen, hilft aktives Atemtraining.
Reflexionsfrage
Welche Bedeutung hat die Atmung in der Entwicklung einer funktional erfolgreichen Kommunikation?
Quiz
1) Die Phase der Lautproduktion in der Öffnungsgrad der Stimmlippen und Stimmbänder eine Rolle spielt, nennt sich
A) Initiation
B) Artikulation
C) Phonation
2) Die Umwandlung der Schallwellen in neuronale Impulse geschieht
A) in der Schnecke
B) im Trommelfell
C) durch die Gehörknöchelchen