Skip to main content
Skip table of contents

Interner / externer Fokus

Bei einer gekonnten Bewegung oder einer Fertigkeit ist es immer vorteilhaft, sich auf die externen Konsequenzen der Handlung zu konzentrieren, und nicht auf die intern dafür notwendige Bewegungsausführung. Externer Fokus unterstützt die Ausführung automatisierter Bewegungen, die während der Bewegungsausführung nicht mehr der bewussten Bewegungskontrolle unterliegen. Interner Fokus scheint hingegen nur dann als sinnvoll, wenn eine Bewegung entweder noch nicht gelernt und automatisiert wurde, oder wenn Gefahr droht.

Glossar

Interner Fokus → Das Richten der Aufmerksamkeit während der Bewegungsausführung nach innen (was muss ich genau tun).

Externer Fokus → Das Richten der Aufmerksamkeit während der Bewegungsausführung nach aussen (was ist die Konsequent meiner Handlung).

Inhalt

Interner und externer Fokus beschreiben zwei prinzipiell verschiedene Ebenen, auf denen eine Handlung geplant und während der Ausführung kontrolliert werden kann. Beim internen Fokus richtet versucht man die eigene Bewegungsausführung zu kontrollieren. Beim externen Fokus konzentriert man sich hingegen auf den gewünschten Effekt seiner Handlung. Der interne Fokus wird dem Bewusstsein zugeordnet, der externe Fokus eher dem Unterbewusstsein.

Interner und externer Fokus spielen eine große Rolle im Leistungssport. Bei einer gekonnten Bewegung immer vorteilhaft, den Aufmerksamkeitsfokus auf die externen Konsequenzen der Handlung zu legen. Beispielsweise sollte sich ein guter Golfspieler beim Schlag nicht auf die notwendigen Bewegungen seiner Arme oder Hände konzentrieren, sondern auf den daraus resultierenden Ballflug. Das erscheint zunächst als paradox, weil der Ballflug ja gar nicht direkt kontrolliert werden kann. Allerdings werden automatisierte Bewegungen feedforward ausgeführt, können also während der Bewegungsausführung auch nicht mehr bewusst kontrolliert werden. Stattdessen werden diese Bewegungen komplett vorausgeplant und dann vom motorischen System quasi ohne unser weiteres Mittun ausgeführt. Viele Tätigkeiten im Alltag werden auf diese Weise ausgeführt, wie Laufen, Trinken, oder das Steuern eines Autos. Interner Fokus scheint hingegen nur dann als sinnvoll, wenn eine Bewegung entweder noch nicht gelernt und automatisiert wurde, oder wenn Gefahr droht und man aus Sicherheitsgründen die bewusste Kontrolle übernehmen will (beispielsweise beim Einparken oder dem Heben eines Topfes mit kochender Flüssigkeit).

Balance Experiment

Allerdings spielt interner und externer Fokus auch eine Rolle beim Lernen. Chiviacowsky und Kollegen führten 2010 eine interessante Studie zum Lernerfolg beim Balancieren auf einer kippbaren Plattform unter verschiedenen Fokus-Bedingungen durch.

Balance Experiment nach Chiviacowsky

Die Aufgabe war es, möglichst lange in Balance zu bleiben und nicht nach einer Seite zu kippen. Alle Probanden bekamen über einen Bildschirm Feedback über ihre aktuelle Position mit Hilfe eines entsprechend geneigten Balkens. Der internen Gruppe wurde erklärt, dass der Balken das Niveau der Füße repräsentiert und waagrecht gehalten werden muss. Der externen Gruppe wurde erklärt, dass der Balken das Niveau der Plattform repräsentiert und waagrecht gehalten werden muss.

Lernerfolg beim Balancieren auf einer kippbaren Plattform für internen und externen Fokus.

Open loop und closed loop Kontrolle

Obwohl beide Gruppen also exakt das gleiche Feedback bekamen und die gleiche Aufgabe übten, fanden sich aber trotzdem signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen, vor allem im Transfer. Während der Übungsphase zeigte die externe Gruppe bereits eine leicht bessere Balanceleistung. Im Transfer vergrößerte sich der Unterschied aber sogar noch weiter. Der Grund für diesen Unterschied liegt in der Art der Bewegungskontrolle. Die bewusste Kontrolle der Füße aktiviert die closed-loop Feedback Kontrolle. Closed-loop Bewegungen benötigen allerdings viele Aufmerksamkeitsressourcen, blockieren so das Arbeitsgedächtnis und behinderen damit den Lernerfolg. Die indirekte Kontrolle der Balance aktiviert hingegen eine open-loop feedforward Kontrolle. Open loop Bewegungen werden automatisiert ausgeführt, belasten also das Arbeitsgedächtnis weniger, und führen so zu einem besseren Lernergebnis.

Motorische Programme sind extern

Tatsächlich werden automatisierte Bewegungen in externen Koordinaten und nicht in festen internen Muskelaktivierungen und Gelenkstellungen gespeichert. Beispielsweise ist es beim Schreiben egal, wie wir unsere Hand oder den Ellbogen halten, die Schrift sieht immer etwa gleich aus, sogar wenn man mit dem Fuß schreibt bleibt das individuelle Schriftbild weitgehend erhalten. Das motorische System weiß also in seiner Komplexität was es tun muss, um ein bestimmtes Bewegungsergebnis zu erzeugen, und das OHNE bewusste Bewegungskontrolle. Beim Üben sollte also mit fortschreitender Kompetenz immer mehr das Ergebnis der Handlung im Fokus stehen, und nicht die Details vom Handlungsablauf. Externer Fokus entlastet zusätzlich das Arbeitsgedächtnis, und begünstigt damit auch die Entwicklung komplexerer kognitiver Funktionen.

Was bedeutet dies für meine Unterrichtspraxis?

Beim Üben sollte mit fortschreitender Kompetenz immer mehr das Ergebnis der Handlung im Fokus stehen, und nicht die Details wie man zu dieser Lösung kommt. Damit wird auch das Arbeitsgedächtnis entlastet um sich auf andere Dinge zu konzentrieren, wie beim Schreiben eines Aufsatzes auf den Inhalt oder die Rechtschreibung. Das Ziel des Übens sollte also immer sein, die Prozesse im Verlauf weitgehend zu automatisieren.

Reflexionsfrage

Bei welchen schulischen Aufgaben könnte der interne und der externe Fokus eine Rolle spielen?

Quiz

1) Externer Fokus ist vorteilhaft bei

A) gelernten Bewegungen
B) einfachen Bewegungen
C) komplizierten Bewegungen

Lösungen

1️⃣ → A) gelernten Bewegungen

JavaScript errors detected

Please note, these errors can depend on your browser setup.

If this problem persists, please contact our support.