Lernen braucht Herausforderung
Für effizientes Lernen muss das richtige Maß an Herausforderung gefunden werden. Bei optimaler Schwierigkeit und Komplexität einer Übungsaufgabe wird der maximale Trainingserfolg erreicht. Diese Aufgabenschwierigkeit muss auch individuell an das Leistungsniveau des Lerners angepasst werden.
Inhalt
Das Challenge-Point-Modell wurde 2006 von Prof. Mark Guadagnoli formuliert und besagt, dass effizientes Lernen immer das richtige Maß an Herausforderung darstellen muss. Demnach gibt es eine optimale Schwierigkeit und Komplexität einer Übungsaufgabe für den maximalen Trainingserfolg. Diese Aufgabenschwierigkeit muss auch individuell an die Lerner angepasst werden. Aufgabenschwierigkeit bezieht sich dabei auf alle internen und externen Aspekte einer Lernaufgabe, wie beispielsweise
die Komplexität der Aufgabe,
die geforderte Genauigkeit oder die Geschwindigkeit,
die Variabilität der Aufgaben,
die Komplexität des Feedbacks, oder
die Interferenz mit anderen zu bewältigenden Aufgaben.
Optimale Lernschwierigkeit
Das Modell geht davon aus, dass während eines Lernprozesses immer Information verarbeitet werden muss, und die Menge und Qualität dieser Information über den Lernerfolg entscheidet. Ist es zu wenig oder zu einfache Information, dann ist das Lernsystem unterfordert. Ist es auf der anderen Seite zu viel oder zu komplexe Information, dann ist das Lernsystem überfordert. Die optimale Aufgabenschwierigkeit liegt immer irgendwo dazwischen, und sollte im Prinzip für jede neu gestellte Lernaufgabe auch neu angepasst werden. Die Menge an Information, die beim Lernen verarbeitet werden kann, ist individuell sehr unterschiedlich und hängt einerseits vom Leistungsstand des Lerners ab. Andererseits aber auch von der Kapazität des Arbeitsgedächtnisses, das die einkommenden Informationen filtern und sortieren muss.
Weiters wird im Challenge-Point-Modell betont, dass der Punkt mit dem optimalen Lernerfolg nicht der Punkt des sofortigen Lernerfolgs ist, siehe Illusion des Lernens. Typischer Weise werden komplexere Aufgaben zunächst nur in Bruchstücken gelernt und erst zu einem späteren Zeitpunkt zu einer stimmigen Gesamtlösung zusammengesetzt. Dabei kommen auch Ruhephasen oder dem Schlaf eine wichtige Rolle zu. Es konnte gezeigt werden, dass bei Unterdrückung des Schlafens Lernprozesse stark behindert werden. Man geht davon aus, dass das Gehirn in Ruhephasen die angesammelte Information weiter konsolidiert, und dann aus dem Arbeitsgedächtnis in das Langzeitgedächtnis verschiebt.
Diese Überlegungen haben auch Konsequenzen für das Lernen in heterogenen Gruppen, wie es beispielsweise in Schulklassen normaler Weise der Fall ist. Jedem Kind sollte ermöglicht werden, bei der gestellten Aufgabe mit seiner individuell optimalen Lernschwierigkeit zu üben.
Was bedeutet dies für meine Unterrichtspraxis?
In Schulklassen sollte jedes Kind in der Lage sein, mit seiner individuellen optimalen Lernschwierigkeit zu üben. Die Aufgaben sollten also so offen gestaltet werden, dass bei der Lösung der Aufgabe verschiedene Lernniveaus möglich sind, und Unterforderung und Überforderung vermieden werden. Das ist bei spielerischen Aufgaben eher möglich, oder bei Gruppenarbeit wo verschiedene Kinder verschiedene Rollen übernehmen können.
Reflexionsfrage
Überlegen Sie für einen Bereich Ihres Unterrichts, wie eine Aufgabe gestellt werden könnte, damit möglichst alle Kinder auf ihrem individuell günstigen Lernniveau üben können.
Quiz
1) Der Punkt mit dem optimalen Lernerfolg stellt sich eine bei
A) möglichst vielen Lernerfolgen
B) oftmaligem Scheitern
C) einer Herausforderung
2) Wie sollten die Übungsaufgaben mit zunehmender Kompetenz angepasst werden?
A) immer gleiches Niveau
B) weniger Übungszeit
C) zunehmend schwieriger